Oberschwingungen – Ursachen und Auswirkungen

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Was sind Oberschwingungen?

Oberschwingungen oder Harmonische sind Wellen, deren Frequenzen um ein ganzzahliges Vielfaches höher sind als die der Grundschwingungen. Sie entstehen, wenn die elektrische Spannung aufgrund unterschiedlicher Einflussfaktoren verzerrt wird.

Spannungs- und Stromverlauf mit Oberschwingungen:

Wie entstehen Oberschwingungen?

Im Idealfall verläuft die elektrische Spannung in einer perfekten Sinuskurve, auf der die Polarität gleichmäßig zwischen positiven und negativen Werten hin- und herwechselt. Dieser gleichförmige Verlauf ist in der heutigen Zeit jedoch so gut wie unmöglich. Die Überlagerung verschiedener sinusförmiger Wellen lässt sich aufgrund unterschiedlicher Betriebsmittel kaum noch vermeiden. Als konkrete Ursachen für Oberschwingungen können folgende Auslöser genannt werden:

  • Betriebsmittel mit einer nichtlinearen Kennlinie, z.B. Transformatoren oder Leuchtstofflampen
  • Leistungselektronische Betriebsmittel, z.B. Gleichrichter, Triacs oder Thyristoren
  • Schaltnetzteile mit nichtsinusförmigen Strömen, z.B. in Fernsehern, Computern oder Halogenbeleuchtungen (diese Ströme verursachen an der Netzimpedanz einen Spannungsfall, der die Netzspannung verzerrt)

Diese Faktoren stören die lineare Stromaufnahme, wodurch Oberschwingungsströme entstehen. Diese verursachen eine Verzerrung der Sinusspannung, welche letztendlich zu Oberschwingungen führt.

Bereits seit den Anfängen elektrischer Stromverteilernetze sind Oberschwingungen ein bekanntes Problem. Damals wurden sie überwiegend durch industrielle Quecksilberdampfgleichrichter ausgelöst und machten sich hauptsächlich durch Störungen elektrischer Maschinen oder Stromleitungen bemerkbar. Da die Maschinen damals weitaus konservativer konstruiert wurden, hielten sich die Spannungsverzerrungen jedoch in Grenzen.

Entsprechend konnte in den letzten Jahren, in denen Maschinen immer weiter bis an ihre Leistungsgrenzen getrieben werden, eine starke Zunahme der Spannungsverzerrungen verzeichnet werden. Hinzu kommen die vermehrte Störaussendung und die Reduzierung der Signalpegel elektrischer Geräte, die die Geräte noch störempfindlicher für Netzrückwirkungen machen. Entsprechend sind elektrische Geräte Störaussender und Störempfänger zugleich, sodass Oberschwingungen immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Welche Auswirkungen können Oberschwingungen haben?

Oberschwingungen können verschiedene Auswirkungen auf Betriebsmittel haben. Neben der Funktionsbeeinträchtigung zählt hierzu auch die Zerstörung der betroffenen Geräte. Je nach Gerät lassen sich unterschiedliche Symptome beobachten.

Auf einen Blick können Oberschwingungen folgende Probleme verursachen:

  • Zusätzliche Erwärmung, z.B. bei Dreh- oder Wechselstrommotoren und Generatoren
  • Verkürzung der Lebensdauer, z.B. bei Glühlampen durch eine erhöhte Glühfadentemperatur
  • Gerätestörungen und -überlastungen, z.B. bei Leuchtstofflampen bzw. dazugehörigen Kondensatoren
  • Zerstörung von Geräten durch extrem hohe Einschaltspitzen, die zu einer sog. Sternpunktverschiebung führen können, z.B. bei mehreren Schaltnetzteilen in einem Dreiphasen-Wechselstromsystem
  • Fehlfunktionen durch eine Verschiebung der Nulldurchgänge und Auftreten von Mehrfachnulldurchgängen, z.B. bei Stromrichtern, Synchronisationseinrichtungen oder Parallelschaltgeräten
  • Funktionsbeeinträchtigungen bei Rundsteuerempfängern
  • Beeinträchtigung von Schutzgeräten wie Distanzschutz, Überstromschutz oder Differentialschutz
  • Beeinträchtigung der Genauigkeit bei Induktionszählern
  • Folgeschäden durch unkontrolliertes Abschalten von Geräten und industriellen Anlagen
  • Störung der Telefon-Sprachübertragung, insbesondere bei Oberschwingungen der 20. bis 30. Ordnung
  • Massive Störung von IT-Anlagen, z.B. Betriebsausfälle, Systemabstürze, Baugruppenausfälle, Schnittstellendefekte, Performanceverluste, Datenprobleme oder Bildschirmflackern

Diese Auflistung lässt sich beliebig fortführen und umfasst nur einige der durch Oberschwingungen verursachten Beeinträchtigungen. Um derartige Probleme zu umgehen, macht es durchaus Sinn, sich mit der Reduzierung von Oberschwingungen zu beschäftigen.

Wie minimiere ich Oberschwingungen?

Um Oberschwingungen und die damit verbundenen Konsequenzen zu umgehen, müssen hohe Anforderungen an die Netzqualität gestellt werden. Diese werden in der Norm EN 50160 geregelt, die die „Merkmale der Spannung in öffentlichen Elektrizitätsversorgungsnetzen“ thematisiert. Sowohl die Frequenz, Höhe und Kurvenform als auch die Symmetrie der Leiterspannungen sind in dieser Norm festgelegt und müssen seitens der Netzbetreiber erfüllt werden.

Doch nicht nur Netzbetreiber, sondern auch Verbraucher können durch die Wahl ihrer elektrischen und elektronischen Geräte Einfluss auf die Ausprägung von Oberschwingungen in ihrem eigenen Netz nehmen. Nur so kann eine Verschmutzung des eigenen Netzes minimiert werden. Um die Oberschwingungen im eigenen Netz so gering wie möglichst zu halten, sollten Geräte entsprechend der Norm EN61000-3-2 und deren Klassifizierung genutzt werden. Gerade in der Klasse C werden für Beleuchtungszwecke minderwertige Netzteile genutzt, was sich negativ auf das Primärnetz und damit auch auf diverse andere elektrische Geräten auswirkt. Deshalb sollten die Grenzwerte, die in der Norm EN61000-3-2 vorgegeben sind, unbedingt eingehalten werden. In dieser Norm werden vier unterschiedliche Geräte-Klassen definiert:

Klasse A:

  • Symmetrische dreiphasige Geräte
  • Haushaltsgeräte (ausgenommen der Geräte aus Klasse D)
  • Nicht tragbare Elektrowerkzeuge
  • Beleuchtungsregler/Dimmer für Glühlampen und Audio Einrichtungen (z.B. integrierte Netzteile, Klimageräte)

Klasse B:

  • Tragbare Elektrowerkzeuge
  • Lichtbogenschweißeinrichtungen, die nicht professionell genutzt werden (integrierte Netzteile, tragbare Elektrowerkzeuge)

Klasse C:

  • Beleuchtungseinrichtungen wie LED-Netzteile

Klasse D:

  • Personal Computer und deren Bildschirme, Fernseher und Radios mit einer festgelegten Leistung von höchstens 600W

Die Klasse C ist für Verbraucher von besonderem Interesse, da im Beleuchtungsbereich häufig ungeeignete Netzteile bedenkenlos verwendet werden. Folgende LED-Netzteile entsprechen der Norm und eignen sich für die Installation einer sicheren LED-Beleuchtung:

Netzteile für Konstantspannung, z.B.

ENERTEX LED Power Supply

LED System HLG series 40-600W

Netzteile für Konstantstrom, z.B.

LED System LCM series 40-60W

Unter Berücksichtigung der geltenden Normen können Oberschwingungen weitestgehend minimiert werden, was nicht nur die Lebensdauer vieler Geräte erhöht, sondern auch deren Beschädigung oder Zerstörung verhindert. Die Wahl hochwertiger Geräte ist für ein sauberes Netz also unabdingbar.

Zur exakten Messung der Oberschwingungen im eigenen Netz dient zudem das ENERTEX 1149-85-RT SmartMeter. Mit dem Zweirichtungszähler der Genauigkeitsklasse 1 lassen sich Netzoberschwingungen so exakt wie möglich messen.