Dynamische Strompreise: So kannst du profitieren
20.12.2024
Ab Januar 2025 müssen Stromanbieter dynamische Strompreise anbieten und ihren Kunden mitteilen, wann der Strom wieviel kostet. Wir erklären, warum der Strompreis unterschiedlich ausfallen kann und welche Möglichkeiten du hast, von diesen Preisschwankungen zu profitieren.
So setzt sich der Strompreis 2024 in privaten Haushalten zusammen
Die Kosten für Stromerzeugung und Vertrieb machen in privaten Haushalten mit durchschnittlich 4000 kWh Jahresverbrauch den größten Anteil am Strompreis aus, gefolgt von den Kosten für Betrieb, Ausbau und Wartung der Stromnetze sowie der Mehrwertsteuer. Sonstige Abgaben spielen eine kleinere, aber dennoch relevante Rolle. Quelle: vzbv
Warum schwanken die Preise?
Der Strompreis setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen. Die Fixkosten, zu denen Netz- und Messstellenentgelte, Steuern, Umlagen und Abgaben gehören, sind relativ stabil und für den größten Teil des Preises verantwortlichen. Die variablen Kosten, die durch Beschaffung und Vertrieb entstehen, unterliegen hingegen ständigen Schwankungen. Angebot und Nachfrage haben einen großen Einfluss auf den Strompreis. Während der Hauptverbrauchszeiten, etwa morgens, steigt die Nachfrage und damit auch der Preis. Zu Zeiten geringer Nachfrage, nachmittags oder nachts, sinkt der Preis.
Die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft und Solarenergie ist abhängig von Wetterbedingungen und Tageszeit. Deshalb variiert sie stark. Bei einer hohen Einspeisung aus diesen Quellen kann es vorkommen, dass der Strompreis negativ wird. Das bedeutet, dass Strom günstiger abgegeben wird, als er produziert wurde.
Das beeinflusst den Strompreis
Die Strompreise werden an der Strombörse festgelegt. Am Day-Ahead-Markt bestimmt das Verhältnis von Angebot und Nachfrage die Preise für den Strom, der am folgenden Tag geliefert wird. Dynamische Stromtarife orientieren sich an diesen Börsenpreisen und können deshalb stündlich schwanken.
Wie funktioniert die Strombörse?
Der Handel mit elektrischer Energie an der Börse erfolgt über ein Auktionssystem: Anbieter bieten ihre Energie zu bestimmten Preisen an, während Nachfrager Gebote abgeben. Zu den Teilnehmern gehören Energieerzeuger, Händler, Großverbraucher und Regulierungsbehörden. Die Preisermittlung folgt dem Merit-Order-Prinzip: Zunächst werden die günstigsten Anbieter berücksichtigt, häufig erneuerbare Energien aus Wind- und Solarparks. Fossile Energieträger wie Kohlekraftwerke kommen nur dann zum Zug, wenn der Bedarf durch die günstigeren Quellen nicht gedeckt werden kann.
Die Preise schwanken stark und können bei hoher Stromproduktion und geringer Nachfrage sehr niedrig oder sogar negativ werden. Ein Beispiel dafür war die Nacht des 6. Dezember 2024, als große Mengen an Windstrom die Preise auf unter einen Cent pro Kilowattstunde drückten. Umgekehrt erreichte der Strompreis am 12. Dezember 2024 mit 936 Euro pro Megawattstunde einen Rekordwert, verursacht durch eine „Dunkelflaute“ und den Bedarf an Stromimporten.
Die Strompreise unterlagen in den letzten Jahren erheblichen Schwankungen. Von einem stabilen Jahresdurchschnittspreis von 29 bis 45 Euro pro Megawattstunde in den Jahren 2015 bis 2020 stiegen die Preise aufgrund der Energiekrise auf 237 Euro, bevor sie 2024 wieder auf 80 Euro zurückgingen. Gegenwärtig sind Preisschwankungen von über 100 Euro innerhalb eines Tages keine Seltenheit.
Das ist der Unterschied zwischen flexiblen, variablen und dynamischen Strompreisen
Die Begriffe flexible, variable und dynamische Strompreise werden oft synonym verwendet, obwohl sie sich unterscheiden.
Flexible Strompreise umfassen variable als auch dynamische Tarife.
Variable Strompreise sind Tarife, bei denen sich der Strompreis regelmäßig ändert, meist täglich oder monatlich. Diese Änderungen basieren auf verschiedenen Faktoren, wie z.B. der Nachfrage und den Marktbedingungen. Variable Tarife sind weniger flexibel als dynamische Tarife und basieren häufig auf Durchschnittspreisen oder gelten in festen Zeitfenstern.
Man unterscheidet lastvariable und zeitvariable Tarife.
- Lastvariable Tarife bieten Netzbetreibern die Möglichkeit, die Stromzufuhr für bestimmte Geräte bei hoher Netzauslastung zu reduzieren, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Im Gegenzug profitieren Kunden von günstigeren Strompreisen.
Um solche Tarife nutzen zu können, benötigst du steuerbare Geräte wie Nachtspeicherheizungen, Wärmepumpen oder E-Auto-Ladestationen. Zusätzlich ist es erforderlich, dass für jeden dieser Verbraucher ein separater Stromzähler installiert ist.
- Zeitvariable Tarife: Bei tageszeitabhängigen Tarifen ist der Strompreis zu bestimmten, zuvor festgelegten Zeiten günstiger. Diese Option kann sich besonders für Geräte mit hohem Energieverbrauch wie Wärmepumpen oder Wallboxen lohnen.
Bei variablen Tarifen ohne feste Zeiten ist nicht vorab definiert, wann der Strompreis besonders niedrig ist. Stattdessen orientiert sich der Preis am Strommarkt. Solche Tarife haben entweder eine festgelegte Preisspanne, innerhalb der sich der Strompreis bewegt, oder der Anbieter berechnet monatlich einen Mittelwert, der auf den Marktpreisen basiert. Bei dieser Variante sind monatliche Preisaktualisierungen üblich.
Dynamische Stromtarife sind am flexibelsten. Sie ändern sich in Echtzeit oder stündlich, weil sie sich direkt auf die aktuellen Börsenpreise beziehen. Das Institut Agora Energiewende hat errechnet, dass Verbraucher über dynamische Strompreise jährlich bis zu 600 Euro einsparen könnten. Das Gutachten des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft bestätigt das. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass dynamische Strompreise ein System unterstützen, das auf dezentraler Energieerzeugung basiert: Weil Kunden zum Beispiel ihr E-Auto dann laden, wenn viel günstiger Solarstrom ins Netz fließt, bleiben Stromangebot und -nachfrage im Gleichgewicht und die Energieversorgung somit stabil.
So kannst du dynamische Stromtarife nutzen
Energielieferanten sind ab 2025 verpflichtet, ihren Kunden dynamische Tarife anzubieten und sie darüber zu informieren, wann der Stromverbrauch am günstigsten ist. Falls du Vergleichsportale nutzt, um einen Anbieter zu finden, achte darauf, dass hier die Strompreise für Privatkunden in der Regel brutto angegeben werden. Gewerbekunden erhalten Nettopreise, also Tarife ohne Mehrwertsteuer. Bevor du einen Vertrag abschließt, solltest du dich über die Vertragslaufzeit und andere Bedingungen, z. B. Gebühren des Anbieters, informieren.
Um dynamische Stromtarife zu nutzen, benötigst du ein kommunikationsfähiges Messsystem (iMSys). Das ist eine moderne Messeinrichtung mit Smart Meter Gateway. Das Smart Meter Gateway ist die entscheidende Schnittstelle zwischen dem digitalen Stromzähler sowie den Stromversorgern und Netzwerkbetreibern. Es erfasst die stündlichen Verbrauchswerte und erlaubt den wechselseitigen Austausch von Daten zwischen deinem Haushalt und dem Stromanbieter in einem eigenen, zertifizierten System, dem Wide Area Network (WAN). Eine weitere Voraussetzung ist, dass deine Geräte steuerbar sind.
Ein Energie-Management-System und die zugehörigen Apps der Stromanbieter koordinieren den Stromverbrauch deiner steuerbaren Geräte mit dem Solarstrom aus deiner Photovoltaikanlage und/oder den aktuellen Strompreisen am Markt. Das geht oft automatisch und bietet dir folgende Vorteile: Du optimierst deinen Eigenverbrauch an selbst produziertem Solarstrom und sparst Geld, wenn du es einrichten kannst, Strom genau dann anzufordern, wenn er an den Energiebörsen besonders preiswert ist.
Quellen:
Strompreis Entwicklung in Deutschland für Haushalte und Industrie | BDEW
https://www.vzbv.de/pressemitteilungen/dynamische-stromtarife-19-millionen-haushalte-im-dunkeln
2024_VZBV Dynamische Tarife_final_0.pdf
https://www.voltus.de/blog/smart-meter-und-home-energy-management-system-hems-funktion-und-vorteile/
https://www.voltus.de/blog/energiezaehler-kleine-messgeraete-grosser-nutzen/